ICANN61: DSGVO, neue TLDs und Compliance
Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung in der Domain-Industrie
Das von ICANN am 28. Februar veröffentlichte Modell wurde auf dem ICANN61-Meeting intensiv diskutiert. Relativ breiten Konsens gab es zu dem Element, welche Daten zu Domain-Inhabern künftig öffentlich einsehbar sein werden, unabhängig ob bei Registries oder Registraren. Breiten Konsens gab es ebenfalls für das Konzept, dass Registrare die gesamten Domain-Inhaberdaten weiterhin an Registries übertragen. Keinen Konsens gibt es weiterhin zu der Frage, wer künftig berechtigt sein wird, alle Domain-Inhaberdaten einzusehen, mit welchem Verfahren und auf welchem Wege. Unstrittig ist, dass die jeweiligen nationalen Starverfolgungsbehörden Zugriff erhalten sollen; unklar ist allerdings die Frage, was mit ausländischen Starverfolgungsbehörden ist, ebenso wie mögliche weitere Berechtigte. Offen ist auch weiterhin, wie die daraus resultierenden Änderungen auf vertragliche und administrative Prozesse umzusetzen sein werden, denn das von ICANN vorgeschlagene Modell wird nicht rechtzeitig bis zum 25. Mai 2018 umzusetzen sein.
Einführung neuer Top-Level-Domains
Auf dem ICANN-Meeting fanden zahlreiche Diskussionen statt, unter welchen Rahmenbedingungen sich Bewerber um eine Lizenz für eine Top-Level-Domain bewerben können. Im Fokus des ICANN-Meetings standen dabei Diskussionen rund um geografische Namen, wie beispielsweise .usa, .deutschland, .dolomiten und .tajmahal. Insbesondere Regierungsvertreter legen Wert darauf, dass neue Top-Level-Domains nicht als ähnlich zu bestehenden Länder-Endungen wahrgenommen werden bzw. die Rechte der Länder verletzen. Wir arbeiten seit mehreren Jahren in den entsprechenden Arbeitsgruppen bei ICANN aktiv mit, nehmen an den wöchentlichen Telefonkonferenzen teil, kommentieren die Dokumente und diskutieren zusammen mit anderen Vertretern im Rahmen der ICANN-Meetings, u.a. auch in Puerto Rico.
ICANN61: Roundtable mit ICANN-Mitarbeiter
An dem Roundtable für Registry-Betreiber nahmen neben ICANN-Mitarbeiter aus dem GDD-Team u.a. auch aus dem Contractual Compliance Team. Wir haben die Gelegenheit genutzt, das Thema ICANN-Audit anzusprechen. Aktueller Stand ist, dass ICANN Compliance Benachrichtigungen nur noch an Registries versenden, die für das 3‑jährliche Audit ausgewählt werden. Mit ICANN war vereinbart, dass auch Registries eine Nachricht erhalten, die nicht ausgewählt wurden. Dieses Vorgehen sorgt für Klarheit unter allen Beteiligten.
ICANN hat das Feedback bekommen, das die Benachrichtigungen verwirrend seien, und hat es daher eingestellt. Derzeit gibt es keinen Plan, dass Benachrichtigungen wieder versendet werden. Forderung von DOTZON, dass Benachrichtigungen wieder versendet werden oder zumindest ein Zeitfenster kommuniziert wird, in dem Benachrichtigungen versendet werden. Andere Mitglieder der Betreiber von Top-Level-Domains bestätigen, dass es auch technisch unüblich ist, keine Nachrichten zu versenden, da es so für Registries offen ist, ob sie eine Benachrichtigung erhalten haben oder nicht.
Fachtagung DomainPulse 2018 in München
Zur Domain-Fachkonferenz DomainPulse 2018 trafen sich in diesem Jahr in München die Domain-Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. An der von den Länderendungen .de, .at und .ch organisierten Veranstaltung nahmen von DOTZON Dirk Krischenowski und Katrin Ohlmer teil. In der BMW-Arena in München gab es neben spannenden Fachvorträgen zur Zukunft der Domain-Industrie ausreichend Gelegenheit, sich mit anderen Domain-Experten zu aktuellen Themen auszutauschen.
Im Vordergrund stand auf der DomainPulse 2018 die Einführung der Datenschutzgrundverordnung und ihre Auswirkungen auf die globale Domain-Industrie. Ihre Auswirkungen sind besonders relevant für Länderendungen, generische Top-Level-Domains, Betreiber von dotBrand und dotCity. Daher haben sich Betreiber von Top-Level-Domains aus Europa mit anderen Betreibern und ihren Vertriebspartnern ausgetauscht. Im Fokus standen Fragen zur Umsetzung und die jeweiligen nationalen Besonderheiten. Die Umsetzungsoptionen konnten wir zudem auch mit anderen Stakeholdern wie Fachanwälten, Vertretern der öffentlichen Verwaltung und Mitarbeitern von ICANN diskutieren.
Die von dem Konsortium aus denic, 1&1 und Open Exchange initiierte Domain-basierte doigitale ID „id4me“ haben wir mit großem Interesse begleitet. Auf Basis einer Domain soll „id4me“ den bequemen und sicheren Login auf zahlreichen Portalen ermöglichen, ohne dass weitergehende Daten erforderlich sind. Damit soll id4me eine Alternative zu SSO-Lösungen wie dem Facebook-Login oder Verimi werden. „id4me” wird derzeit entwickelt und soll im Laufe des Jahres eingeführt werden.
Die Datenschutzgrundverordnung in der Domain-Industrie
Eine Abkürzung ist derzeit in aller Munde – die Datenschutzgrundverordnung, abgekürzt DSGVO bzw. deren englischsprachige Übersetzung GDPR. Dahinter steht die Europäische Datenschutz-Richtlinie, die bereits im Mai 2016 in Kraft getreten ist, und nun ab 25. Mai 2018 durchgesetzt wird.
Elemente der Datenschutzgrundverordnung
Die Datenschutzgrundverordnung stärkt die Rechte von Nutzern und stellt eine transparentere Datenerhebung und ‑verwendung sicher, wenn Nutzer Daten bereitstellen. Unternehmen erhalten klare Vorgaben, wie sie die Einwilligung und den Widerruf zur Datenverarbeitung zu formulieren haben. Sie sind verpflichtet, Internetnutzer zu informieren, wenn sie deren Daten in das außereuropäische Ausland weitergeben, wo andere Datenschutzbestimmungen gelten. Zudem regelt das Recht auf Datenübertragbarkeit, dass Internetnutzer ihre Daten von Datenverarbeitern in maschinenlesbarer Form anfordern können.
Grundlage für die Umsetzung sind die zwei Prinzipien „Data Protection by Design“ und „Data Protection by Default“. Erstmal hat der Gesetzgeber nun vorgegeben, wie geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz umgesetzt werden sollen. Der Grundsatz der Datenvermeidung soll durch Einsatz geeigneter technischer Maßnahmen wie beispielsweise Pseudonymisierungstechniken wirksam umgesetzt werden. Der Grundsatz der Datensparsamkeit soll durch geeignete Voreinstellung und Parametrisierung von IT-Systemen erreicht werden, indem nur solche Daten verarbeitet werden, die für die Zwecke der Verarbeitung erforderlich sind.
Neue Regeln für TLD-Betreiber
Für Betreiber von Top-Level-Domains ändert sich spätestens ab Mai einiges. Personenbezogene Daten, die sie bisher öffentlich in dem sogenannten „Whois“ zur Verfügung stellen, werden wohl überwiegend nicht mehr veröffentlicht. In der Konsequenz arbeiten derzeit mit Hochdruck Betreiber von Top-Level-Domains an der Umsetzung einer datenschutzkonformen Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten. Diese Änderungen betrifft ebenfalls alle Vertriebspartner wie 1&1, united-domains, Strato und GoDaddy, auch die Registrare werden künftig keine personenbezogenen Daten mehr veröffentlichen.
Die anderen Anforderungen wie das Auskunftsrecht für Nutzer, das Recht auf Vergessenwerden, das Recht auf Datenübertragbarkeit, die Informationspflicht bei der Datenübertragung ins „unsichere Ausland“ sowie ein gestärktes Einwilligungs- und Widerspruchsrecht der Nutzer für die Verarbeitung ihrer Daten sollten dahingegen keine große Änderung darstellen.
NamesCon 2018 – Fachkonferenz der Domain-Industrie
Das jährliche Treffen der Investoren der Domainindustrie, die NamesCon, fand im Januar statt. Auf der NamesCon treffen sich aber nicht nur Investoren mit großen Domain-Portfolios, sondern auch Betreiber von Top-Level-Domains, Vertriebspartner und Berater. Ein spannendes Konferenzprogramm, ergänzt um eine Live-Auktion von Domains rundete die viertägige Konferenz ab.
Dirk Krischenowski von DOTZON war zu der Diskussion um geografische Top-Level-Domains eingeladen. Zusammen mit anderen Industrievertretern diskutierte er, was Erfolgsfaktoren einer dotCity bzw. dotStadt ausmachen, wie sie gut betrieben wird und wie sie sich im globalen Wettbewerb neben den bestehenden generischen Endungen wie .com, .net, .org und .info einerseits und andererseits den Länderendungen wie .de, .fr und .uk durchsetzt.
Aufgrund der Nähe zur amerikanischen Zentrale von ICANN in Los Angeles konnten wir zudem zahlreiche Gespräche mit ICANN-Mitarbeitern führen, um aktuelle Themen die unsere Kunden betreffen, im persönlichen Gespräch zu klären. Außerdem haben wir uns mit den ICANN-Mitarbeitern zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung besprochen, und konkrete Vorschläge für die Umsetzung in die Diskussion eingebracht.
Prognosen für die DNS-Industrie 2018
Was erwarten wir für die Branche im Jahr 2018? Auch wenn exakte Vorhersagen für die Zukunft unmöglich sind, stellen wir zehn Prognosen für die TLD- und DNS-Industrie 2018 auf, wie sich die Industrie in diesem Jahr entwickeln wird.
1. Weitreichende Auswirkung der Datenschutzgrundverordnung
Der Umgang mit Daten wird im Jahr 2018 die digitale Politik dominieren. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO, englisch GDPR), die am 25. Mai in Kraft tritt, verändert die Art und Weise, wie in der Domain-Industrie Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden, grundsätzlich. Aufgrund der technischen Implikationen, der Auswirkungen auf zahlreiche vertragliche Regelungen – auch im Zusammenspiel mit ICANN – und der noch nicht vorhandenen Rechtsprechung, wird uns das Thema sicherlich im ganzen Jahr begleiten. Darüber hinaus wird die DSGVO erheblichen Einfluss auf bestehende Geschäftsmodelle der Internet-Branche haben, sie bietet aber auch die Möglichkeit, Internetnutzern mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Daten zu geben.
2. Mehr Marken und Unternehmen nutzen ihre .marke aktiv
Über 40 große deutsche Unternehmen sind Inhaber von Top-Level-Domains, die identisch ihrem Namen, Marken oder Produkten sind. Auch wenn noch nicht alle Unternehmen ihre .marke-Endungen, auch dotbrand oder dotmarke genannt, für Marketing- und Kommunikationszwecke nutzen, sind im Jahr 2017 eine Reihe bekannter .marke-Top-Level-Domains, u.a. von Audi, Edeka, Deutsche Vermögensverwaltung, Fox und Barclays aktiv geworden.
Die Unternehmen nutzen ihre dotbrand, beispielsweise um mit Service-Domains ihren Endkunden die Navigation zu erleichtern, die Identifikation ihrer Vertriebspartner mit der Marke zu steigern und intuitiv auf Kampagnen und Firmenevents hinzuweisen. Wir erwarten, dass die guten Beispiele zahlreiche weitere Marken in 2018 dazu veranlassen, selbst mit eigenen Kampagnen, Migrationsprojekten und neuen Seiten auf sich aufmerksam machen.
3. Registrierungen unter den neuen Top-Level-Domains bleibt stabil
Nach einem Höchststand von 29,4 Millionen Registrierungen unter allen neuen Top-Level-Domains im April 2017 betrug der Jahresendstand laut nTLDstats.com ca. 23,8 Millionen Domains. Die Registrierungen kommen aus 1.224 neuen Top-Level-Domains zustande, von denen zum Jahresende 2017 die TLDs .loan, .xyz, .top, .club und .win zu den TOP 5 gehörten. Etwa 43% der registrierten Domains sind in Nutzung. Wir erwarten für 2018 eine Konsolidierung der Registrierungen aus Promotions, und damit eine Stabilisierung der registrierten Domains bei über 20 Millionen.
4. Verlangsamtes Wachstum bei Länder-Endungen und generischen Endungen
Der Verisign Domain Name Industry Brief vom 3. Quartal 2017 macht deutlich, dass die älteren Top-Level-Domains wie .com, .net, .org, .info sowie die Länderendungen seit Einführung der neuen generischen Endungen langsamer wachsen. So weist .com und .net eine Gesamtzahl von ca. 145,8 Millionen Domain-Namen auf, was einen jährlichen Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber 2016 darstellt (Wachstum von 2015 auf 2016: 7,3%). Denn im Vorjahr waren ca. 144,1 Millionen .com und .net Domains registriert.
Ähnlich sieht es bei den Länder-Endungen aus: Die Domain-Registrierungen unter allen Länder-Endungen (ccTLD) betrugen rund 144,7 Millionen und ein Anstieg von 3,2 Prozent im Jahresvergleich zu 2016 (von 2015 auf 2016 lag das Wachstum noch bei 5,2%). Wir erwarten, dass sich dieser Trend auch in 2018 weiter fortsetzt, da gerade unter den neuen Top-Level-Domains viele intuitive Adressen noch frei sind, und nicht teuer auf dem Sekundärmarkt erworben werden müssen.
5. Missbrauchsfälle überwiegend unter .com, .net, .org und .info
Die Anzahl von Missbrauchsfällen bei Markenrechten ist laut WIPO nahezu unverändert geblieben, die 3.036 WIPO-Fälle im Jahr 2016 haben sich in 2017 unwesentlich erhöht auf 3.073 Fälle. Nach wie vor werden in zwei Drittel aller Fälle .com-Domains verwendet, an zweiter Stelle steht .net gefolgt von .org- Domains und .info-Domains. Während in 2016 mehrere hundert Domains unter neuen Top-Level-Domains wie beispielsweise .xyz missbräuchlich verwendet wurden, ist dieser Anteil in 2017 deutlich gesunken, Spitzenreiter ist in 2017 .store mit 98 Fällen. Wir erwarten, dass die Anzahl der Klagen stabil bleibt, und überwiegende Domain-Missbrauch weiterhin unter den bestehenden Top-Level-Domains .com etc. stattfindet.
6. Konsolidierung in der Branche wird weitergehen
In 2017 fanden zahlreiche Übernahmen statt, u.a.: Die Übernahme von MarkMonitor durch Clarivate Analytics, das Invest von Vespa Capital in Com Laude und Valideus, Donuts Übernahme von Rightside, NCC Group hat Open Registry an KeyDrive verkauft, GoDaddy verkaufte das PlusServer-Geschäft an BC Partners, Key-Systems hat seinen Reseller European Domain Centre erworben. Wir erwarten, dass sich diese Dynamik in 2018 weiter fortsetzt und gehen daher von weiteren Konsolidierungen in diesem Jahr aus.
7. ICANN – Zwischen Datenschutz und neuer Bewerbungsrunde
Das Jahr 2017 stand bei ICANN ganz im Zeichen der bevorstehenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die ab Mai 2018 durchgesetzt wird. Im Fokus stand dabei die Frage, wie die Vertragsparteien von ICANN, Registries und Registrare, ihren Vertrag mit ICANN einhalten können und gleichzeitig die Anforderungen der DSGVO umsetzen können. Als Lösung hat ICANN ein Verfahren aufgesetzt, mit dem Ausnahmegenehmigungen zum ICANN-Vertrag beantragt werden können, damit der Betrieb von Registries und Registrare den nationalen Gesetzen entsprechen.
Die Richtlinien-Entwicklung bei ICANN war 2018 zudem geprägt von Debatten rund um die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen der nächsten Bewerbungsrunde und endete damit, dass eine weitere Arbeitsgruppe mit Fokus auf geographische Namen aufgesetzt wurde. Wir sind aktive Mitglieder dieser Debatten und erwarten, dass beide Themen auch 2018 im Fokus von ICANN stehen.
8. Intensivere globale Auseinandersetzung mit Internet Governance
Bereits in 2017 haben wir auf politischer und wirtschaftlicher Ebene mehr Diskussionen rund um die Ausgestaltung der Internet Governance erlebt, in Deutschland u.a. mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und den Diskussionen rund um die Datenschutzgrundverordnung. Daher erwarten wir, dass nicht zuletzt durch internationale Akteure diese Themen auch im Jahr 2018 zu Kontroversen führen werden. Die Vorbereitungen Deutschland als Gastgeber des globale Internet Governance Forums im Herbst 2019 in Berlin ist eine gute Gelegenheit, unser demokratisches und liberales Verständnis von Internet Governance in die Gestaltung des Programms einfließen zu lassen.
9. Multistakeholder-Konzept kommt in der breiteren Internet-Community an
Das Multistakeholder-Konzept ist zumindest in Deutschland, in der Politik angekommen und wird genutzt, um Informationen auszutauschen und Entscheidungen informierter und besser vorzubereiten. In vielen anderen Ländern ist das Konzept allerdings noch nicht etabliert oder wenn, dann eher als „Lippenbekenntnis“ oder als multilateraler Ansatz mit wenigen, ausgewählten Interessengruppen. Sobald konkrete Vorschläge der Nicht-Regierungsvertreter auf dem Tisch liegen, wird das Multistakeholder-Modell dann schnell zugunsten einer Top-Down-Entscheidung aufgegeben.
Dennoch erwarten wir, dass das Multistakeholder-Konzept jedenfalls in Europa zunehmen wird, um in Regierungsgremien das Wissen, die Ressourcen und das Engagement nicht-stattlicher Akteure einzubringen und somit Entscheidungen auf eine breitere Basis zu stellen. Nicht zuletzt trägt die weltweite Vernetzung der Akteure und die daraus entstehende Dynamik zur Stabilität und Verlässlichkeit des Internet-Governance-Ökosystems bei.
10. Netzneutralität ist in Gefahr
Die Entscheidung der US-Regierung im Dezember 2017, die Gleichbehandlung von Datenströmen im Internet aufzugeben, hat eine globale Welle der Empörung nach sich gezogen. Das ursprüngliche Konzept der Netzneutralität, bei dem das Internet einen freien und gleichberechtigten Zugang für Jedermann bietet, ist damit perdu. Die Entscheidung ist ein weiterer Schritt in die Richtung , dass alleine ökonomische Interessen der Netzwerkprovider über den Zugang zum Internet und dessen Nutzungsmöglichkeiten entscheidet. Zudem besteht die Möglichkeit, dass andere Länder nachziehen. Wir hoffen sehr, dass die Neutralität als Grundprinzip des Internets erhalten bleibt.
Key-Performance-Indikatoren für cityTLDs
Mit .berlin, .hamburg und .koeln fing es 2014 an – die neuen City-Top-Level-Domains (kurz cityTLDs) gingen online. Mittlerweile wurden 44 Domain-Endungen für Städte von der Internet-Verwaltungsorganisation ICANN zugelassen und geben den zugehörigen Stadtverwaltungen, Unternehmen und Bewohnern die Möglichkeit, im Netz Flagge zu zeigen. Neben cityTLDs gibt es regionale Endungen (kurz regionTLDs); zusammen bezeichnet man sie auch als geographische Top-Level-Domains, sie sind organisiert in der www.geotlds.group. Was den Erfolg dieser cityTLDs ausmacht zeigen unsere Key-Performance-Indikatoren cityTLD.
cityTLDs im Vergleich zu ccTLDs
Immer wieder wird jedoch gefragt, inwiefern cityTLDs nützlich sind und wie der Erfolg solcher Domain-Endungen gemessen und bewertet werden kann. Oft sehen Laien und Presse lediglich die Anzahl der Registrierungen als Maßstab für den Erfolg einer cityTLD. Sie bewerten ihn negativ, weil die Registrierungszahlen weit hinter denen der Domain-Endung .de zurückbleiben. Allerdings hinkt dieser Vergleich: Die Endung .de gibt es seit 1986, hat also fast 30 Jahre Vorsprung. Im Gegensatz zu cityTLDs richtet sie sich an sämtliche Internetnutzer in Deutschland – und nicht nur an ein lokales Publikum.
Key-Performance-Indikatoren für cityTLDs
Um verlässlichere Aussagen treffen zu können, hat Dirk Krischenowski im Rahmen seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorstand des geoTLD-Verbandes Kennzahlen zur Erfolgsmessung von cityTLDs entwickelt. Diese sogenannten Key-Performance-Indikatoren (kurz KPIs) sollen den Erfolg von cityTLDs objektiv messbar machen. Wir haben sie danach ausgesucht, ob sie der SMART-Formel entsprechend spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitlich sind. Außerdem wurden sowohl quantitative als auch qualitative KPIs einbezogen.
Folgende KPIs bestimmen den Erfolg einer cityTLD:
- Umsatz: Da jede cityTLD profitabel wirtschaften muss, ist der Umsatz einer der wichtigsten KPIs. Er setzt sich aus der Anzahl registrierter Domains und dem durchschnittlichen Verkaufspreis an den Großhandel (hier Registrare) zusammen. Je größer der Umsatz, desto erfolgreicher ist eine cityTLD.
- Anzahl aktiver Domains: Je mehr Domains tatsächlich aktiv von den Inhabern für Webseiten genutzt werden, also im Internet und in Suchmaschinen sichtbar sind, desto erfolgreicher ist eine cityTLD. Hier ist der Kehrwert der bei www.ntldstats.com angegeben „Parked Domains” die Messgröße. So zählte .nagoya Ende des Jahres 2016 rund 68 Prozent aktive Domains, während bei .melbourne nur 28 Prozent der Domains aktiv betrieben wurden.
- Domains pro Einwohner: Je mehr Domains pro Einwohner registriert sind, desto beliebter ist die cityTLD in der jeweiligen Stadt. Hier schwankten die Werte Ende 2016 zwischen einer und 45 Domains pro Einwohner.
- Webseiten pro Domain: Mit einer einfachen Suche bei Google lässt sich feststellen, wie viele Webseiten pro registrierter Domain bei Google gelistet sind. Unter .koeln waren lediglich drei Webseiten pro Domain gelistet, während es bei .brussels über 200 Webseiten waren. Das lässt sich damit erklären, dass unter .brussel große Unternehmen und Institutionen (z. B. Stadtverwaltung und Universitäten) Domains betreiben.
- Verlängerungsrate: Domains sind i. d. R., wie auch Zeitschriften, ein Abo-Modell. Eine cityTLD ist damit umso erfolgreicher, je höher die Verlängerungsrate ist.
- Gelistete Domains unter den Top 1 Million Webseiten (www.alexa.com): Je mehr Webseiten im Index der weltweit meistbesuchten Webseiten gelistet sind, desto aktiver ist eine cityTLD bzw. die Inhaber von Domains unter der cityTLD. Spitzenreiter war hier .nyc mit 31 gelisteten Domains.
- Länderendung versus Stadtendung: Als KPI interessant ist auch, wie stark sich die cityTLD gegenüber der Länderendung durchsetzen konnte. Während die cityTLD .london nur 4% des Marktes der Länderendung .uk erreichte, waren es für .istanbul ganze 384% gegenüber .tr.
- Bruttosozialprodukt pro Domain: Die Attraktivität von cityTLD-Domains ist dann hoch, wenn das Bruttosozialprodukt pro Domain gering ist, vom verfügbaren Einkommen also verhältnismäßig viele Domains registriert werden.
Spotlight: dotBrand .edeka
Unser Spotlight .edeka ist die neue digitale Heimat der Supermarktkette Edeka. Mit der dotBrand .edeka hat die Lebensmittelkette unter der eigenen Marke eine eigene digitale Heimat aufgesetzt.
dotBrand .edeka: Zusammenarbeit zwischen Edeka und Start-Ups
Seit 2015 bietet Edeka Start-ups die Möglichkeit, ihre Produkte vorzustellen und in Edeka-Märkten zu platzieren. Dafür hat Edeka nun unter www.foodstarter.edeka; eine Bewerbungsplattform für Start-ups aufgesetzt, auf der sie ihre Produkte vorstellen können und die Genossenschaftsmitglieder von Edeka Kontakt aufnehmen können.
Neue Plattform www.foodstarter.edeka
Die neu aufgesetzte Plattform www.foodstarter.edeka dient dabei als erster Kontaktpunkt zwischen Start-ups und Edeka-Händlern und schafft eine effiziente Kommunikationsbasis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. So können Start-Ups viel schneller ihre Produkte vorstellen, statt sich langwierig über die Hauptseite bis zum passenden Ansprechpartner durchnavigieren zu müssen. Gleichzeitig kommuniziert Edeka mit seiner .edeka-Adresse, wie innovativ das Unternehmen ist.
ICANN60-Meeting in Abu Dhabi
Im Fokus der Diskussionen auf dem ICANN60-Meeting in Abu Dhabi standen die Datenschutzgrundverordnung (GDPR) und Ausgestaltung der nächsten Bewerbungsrunde.
ICANN60-Meeting: Diskussion und Mitarbeit an GDPR-Umsetzungsrichtlinien
ICANN hat eine erste von mehreren beauftragten rechtlichen Analysen zum neuen Gesetz „Datenschutzgrundverordnung” (DSGVO, englisch abgekürzt: GDPR) herausgegeben. Die weiteren Analysen erstellt udn veröffentlicht der eco in den kommenden Monaten. Ziel ist es, von Rechtsexperten Einschätzung zu erhalten, wie die Domain-Industrie die Vorgaben der GDPR bestmöglich umsetzen kann. Offen ist nach wie vor, wie Registries und Registrare eine Abwägung zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und einer Strafverfolgung GDPR-konform abbilden können. Denn wenn personenbezogene Daten nicht mehr öffentlich einzusehen sind, ist es für Strafverfolger aufwändiger, die Inhaberdaten einer Domain herauszufinden. Während des ICANN-Meetings fanden mehrere Sitzungen zum Thema EU-Datenschutzverordnung statt. DOTZON arbeitet gemeinsam mit einigen anderen Mitgliedern des eco e.V. – Deutscher Verband der Internetwirtschaft – an einem konkreten Leitfaden für die Umsetzung der EU-Datenschutzverordnung mit.
Arbeitsgruppen für neue Top-Level-Domains
Ab sofort wird in fünf Arbeitsgruppen an den Themenbereichen gearbeitet, unter denen sich Bewerber künftig für eine eigene Internetendung bewerben können. Wir sind in diesen Arbeitsgruppen aktives Mitglied. Als Mitglied bringen wir in den Sitzungen und Telefonkonferenzen unsere Erfahrungen aus der vergangenen Bewerbungsrunde ein. Zu den vier bestehenden Arbeitsgruppen ist auf dem ICANN60-Meeting nun eine fünfte hinzugekommen. Sie befasst sich mit dem Themenbereich der geografischen Bewerbungen, beispielsweise für Städte, Regionen oder Kontinente befasst.
Mehr Vielfalt durch generische Top-Level-Domains
Unternehmen haben sich für generische Top-Level-Domains (TLDs) beworben, die Schlagworten zu ihren Branchen, Dienstleistungen und Produkten entsprechen.
Generische Begriffe als Top-Level-Domain
Damit besetzten sie Schlagworte im Internet, die ausschließlich von ihnen genutzt werden können, aber nicht ihren Wettbewerbern. Booking.com betreibt .hotels, Ferrero die Endung .kinder, L’Oréal nutzt .beauty und Amazon verwendet .books. Die Endung wird exklusiv durch das jeweilige Unternehmen betrieben. Damit kann es entscheiden, wem es im Unternehmen Adressen zur Nutzung zur Verfügung stellt. Denn zur Nutzung sind laut ICANN-Regeln lediglich das Unternehmen selbst sowie Lizenznehmer berechtigt. Ob generische Top-Level-Domains von Unternehmen beantragt werden dürfen, wurde vor Öffnung des ICANN-Bewerbungsfensters durchaus kontrovers diskutiert.
Generische Top-Level-Domains: Thematisch passend, sprechend und vielfältiger
Dazu gehören Internetadressen mit thematischen Schwerpunkten wie www.kranken.versicherung, www.magic.kinder, www.primer-laquer.beauty, www.schwarzwald.reise und www.beste-lage.immo. Möglich sind aber auch klarere Botschaften wie beispielsweise www.xbox.microsoft, www.schmidt.gmbh und www.angel.shop. Mehr Vielfalt bieten sprechende Adressen wie www.chardonnay.vine, www.klavier.schule und www.holidays-for.kids.
GDPR in der DNS-Industrie
Die General Data Protection Regulation (GDPR) ist seit dem 24. Mai 2016 wirksam, Organisationen in den Mitgliedsstaaten müssen sie bis 25. Mai 2018 umsetzen.
Die neue GDPR-Richtlinie ist seit dem 24. Mai 2016 wirksam
Organisationen in den Mitgliedsstaaten müssen sie bis 25. Mai 2018 umsetzen. Ziel der Richtlinie ist es, die Datenschutzgesetze in Europa zu harmonisieren, den Datenschutz der EU-Bürger zu verbessern und zu schützen sowie ein einheitliches Vorgehen für die Art und Weise, wie Organisationen in der EU den Datenschutz gestalten, vorzugeben. Die Richtlinie gilt für Personen und Organisation, die personenbezogene Daten von EU-Einwohnern im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verarbeiten oder ihr Verhalten überwachen. Daher betrifft die Richtlinie auch die Domain-Industrie. Sie muss die Datenverarbeitung und ‑speicherung an die Vorgaben der EU anpassen. ICANN übernimmt derzeit eine rechtliche Überprüfung der Auswirkungen der GDPR- Richtlinie auf die Domain-Industrie (wie beispielsweise auf Whois, Escrow, …). Im Laufe des Jahres werden sich ICANN und die ICANN-Community zu den Auswirkungen verständigen und Maßnahmen zur Einhaltung der GDPR-Richtlinie im Jahr 2018 treffen.