Das jährliche Treffen der Internetverwaltungsorganisation ICANN endete vor wenigen Tagen in Hamburg, mit ca. 1.700 Teilnehmenden vor Ort und etwa 700 weiteren, die remote teilnahmen. Wir waren bei ICANN78 vor Ort, und haben an allen relevanten Sessions teilgenommen:
Gesetzgebung und regulatorische Themen
Auf dem „Day Zero“-Workshop der Internetvereinigung eco am Freitag, den 20. Oktober, gab es einen lebhaften Austausch zu der geplanten Einführung der NIS2-Direktive. Auf dem Workshop tauschten sich Regierungsvertreter zahlreicher europäischer Nationen mit den Akteuren aus, auf die die NIS2-Regulierung gerichtet ist. Registrare und Registries aus aller Welt gaben Input und Feedback aus ihrer praktischen Perspektive.
Registrare vertreten die Perspektive, dass Verifikation direkt beim Registrar erfolgen sollten. Aus zwei Gründen: Sie haben in der Regel die Kundenbeziehung und demzufolge viele der nötigen Daten. Zum anderen erwarten sie, dass Kund:innen verwirrt wären, sollten Registries sie direkt anschreiben. Denn sie haben große Aufwande in den vergangenen Jahren gehabt, Kund:innen klarzumachen, dass sie nicht auf unaufgefordert zugesendete E‑Mails antworten. Außerdem setzen sie sich dafür ein, dass ein Registrant nur ein einziges Mal verifiziert wird, sprich wenn er/sie mehrere Domains unter unterschiedlichen TLDs registriert, nur einmal verifiziert wird. Alles andere wäre sehr kundenunfreundlich.
Auf dem Treffen der Betreiber geografischer Top-Level-Domains, so genannter geoTLDs, wurde diskutiert, welche Definition für diese existieren. Wir haben anhand unserer Studien unsere Definition präsentiert, und detailliert unsere zugrunde liegenden Key Performance Indikatoren vorgestellt.
Einführung neuer Top-Level-Domains
Am 21., 25. und 26. Oktober traf sich die „SubPro IRT”-Arbeitsgruppe, um Empfehlungen zu Regeln und Verfahren für die Bearbeitung von gTLD-Anträgen zu entwickeln, für das so genannte „Applicant Guidebook”. Dotzon ist dort durch Katrin Ohlmer aktiv vertreten. Diskutiert wurden Kommentare zu eingegangenen Bewerbungen, die Prüfung der technischen Systeme der Bewerber durch ICANN und die Unterstützung benachteiligter Bewerber.
In der Sitzung am 21. Oktober 2023 wurde unter anderem das Thema der Planbarkeit von Bewerbungsverfahren intensiv diskutiert. Teil der Entscheidung der Arbeitsgruppe 2021 war, dass ICANN für mehr Planbarkeit sorgen muss. Die derzeit vorgeschlagene Formulierung im Bewerberhandbuch entspricht diesem Beschluss nicht und wird in den nächsten Sitzungen noch einmal angepasst.
Am 25. Oktober 2023 haben wir über die Rahmenbedingungen für Dienstleister diskutiert, unter denen sie sich bei ICANN zertifizieren können. Damit sollen Dienstleister in künftigen Bewerbungsrunden zertifiziert werden, was zu einer schnelleren Prüfung der eingegangenen Bewerbungen (einige Stunden bis maximal einige Tage) beiträgt. Auf der letzten Sitzung am 26. Oktober 2023 haben wir den Plan und den Prozess für die Unterarbeitsgruppe zur Entwicklung des Bewerberunterstützungsprogramms diskutiert. Wir haben bereits erste Punkte erörtert, darunter die Kommunikation mit interessierten Parteien, die Modalitäten für die Prüfung der Anträge und die Finanzierung.
Best Practices Sharing Abuse Mitigation
Am Sonntag, den 22. Oktober 2023, fand das Treffen der Registrare und Registries zum Thema DNS-Missbrauch statt. Unter DNS-Missbrauch versteht man die missbräuchliche Nutzung des Domain-Namen-Systems (DNS) durch Botnet-Angriffe, die Verbreitung von Schadsoftware, das massenhafte Abgreifen von Nutzerdaten und E‑Mail-Spam, soweit diese die genannten Aktivitäten verbreiten.
Grundlage für die Bekämpfung des DNS-Missbrauchs sollen erweiterte Pflichten der Registries und Registrare sein, über die derzeit abgestimmt wird. Aufgrund der bisherigen Beteiligung wird erwartet, dass die neuen Verpflichtungen in die Verträge zwischen ICANN und den Registraren und Registries aufgenommen werden und der DNS-Missbrauch weiter eingedämmt wird.
25 Jahre ICANN
ICANN78 markierte zudem 25 Jahre ICANN. Seit Gründung im Spetember 1998 hat die ICANN-Community sich für ein offenes und transparentes Internet eingesetzt – „One World, one Internet”. Dieser Meilenstein wurde in Hamburg gefeiert, u.a. mit einer Übersicht aller wichtigen Ergebnisse aus den vergangenen 25 Jahren.
Das nächste ICANN-Meeting findet im März 2024 in San Juan in Puerto Rico statt.