Was erwar­ten wir für die Bran­che im Jahr 2018? Auch wenn exak­te Vor­her­sa­gen für die Zukunft unmög­lich sind, stel­len wir zehn Pro­gno­sen für die TLD- und DNS-Indus­trie 2018 auf, wie sich die Indus­trie in die­sem Jahr ent­wi­ckeln wird.

1.    Weitreichende Auswirkung der Datenschutzgrundverordnung

Der Umgang mit Daten wird im Jahr 2018 die digi­ta­le Poli­tik domi­nie­ren. Die EU-Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO, eng­lisch GDPR), die am 25. Mai in Kraft tritt, ver­än­dert die Art und Wei­se, wie in der Domain-Indus­trie Daten erho­ben, ver­ar­bei­tet und gespei­chert wer­den, grund­sätz­lich. Auf­grund der tech­ni­schen Impli­ka­tio­nen, der Aus­wir­kun­gen auf zahl­rei­che ver­trag­li­che Rege­lun­gen – auch im Zusam­men­spiel mit ICANN –  und der noch nicht vor­han­de­nen Recht­spre­chung, wird uns das The­ma sicher­lich im gan­zen Jahr beglei­ten. Dar­über hin­aus wird die DSGVO erheb­li­chen Ein­fluss auf bestehen­de Geschäfts­mo­del­le der Inter­net-Bran­che haben, sie bie­tet aber auch die Mög­lich­keit, Inter­net­nut­zern mehr Sicher­heit im Umgang mit ihren Daten zu geben.

2.    Mehr Marken und Unternehmen nutzen ihre .marke aktiv

Über 40 gro­ße deut­sche Unter­neh­men sind Inha­ber von Top-Level-Domains, die iden­tisch ihrem Namen, Mar­ken oder Pro­duk­ten sind. Auch wenn noch nicht alle Unter­neh­men ihre .mar­ke-Endun­gen, auch dot­brand oder dot­mar­ke genannt, für Mar­ke­ting- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zwe­cke nut­zen, sind im Jahr 2017 eine Rei­he bekann­ter .mar­ke-Top-Level-Domains, u.a. von Audi, Ede­ka, Deut­sche Ver­mö­gens­ver­wal­tung, Fox und Bar­clays aktiv geworden.

Die Unter­neh­men nut­zen ihre dot­brand, bei­spiels­wei­se um mit Ser­vice-Domains ihren End­kun­den die Navi­ga­ti­on zu erleich­tern, die Iden­ti­fi­ka­ti­on ihrer Ver­triebs­part­ner mit der Mar­ke zu stei­gern und intui­tiv auf Kam­pa­gnen und Fir­men­events hin­zu­wei­sen. Wir erwar­ten, dass die guten Bei­spie­le zahl­rei­che wei­te­re Mar­ken in 2018 dazu ver­an­las­sen, selbst mit eige­nen Kam­pa­gnen, Migra­ti­ons­pro­jek­ten und neu­en Sei­ten auf sich auf­merk­sam machen.

3.    Registrierungen unter den neuen Top-Level-Domains bleibt stabil

Nach einem Höchst­stand von 29,4 Mil­lio­nen Regis­trie­run­gen unter allen neu­en Top-Level-Domains im April 2017 betrug der Jah­res­end­stand laut nTLDstats.com ca. 23,8 Mil­lio­nen Domains. Die Regis­trie­run­gen kom­men aus 1.224 neu­en Top-Level-Domains zustan­de, von denen zum Jah­res­en­de 2017 die TLDs .loan, .xyz, .top, .club und .win zu den TOP 5 gehör­ten. Etwa 43% der regis­trier­ten Domains sind in Nut­zung. Wir erwar­ten für 2018 eine Kon­so­li­die­rung der Regis­trie­run­gen aus Pro­mo­ti­ons, und damit eine Sta­bi­li­sie­rung der regis­trier­ten Domains bei über 20 Millionen.

4.    Verlangsamtes Wachstum bei Länder-Endungen und generischen Endungen

Der Veri­sign Domain Name Indus­try Brief vom 3. Quar­tal 2017 macht deut­lich, dass die älte­ren Top-Level-Domains wie .com, .net, .org, .info sowie die Län­de­ren­dun­gen seit Ein­füh­rung der neu­en gene­ri­schen Endun­gen lang­sa­mer wach­sen. So weist .com und .net eine Gesamt­zahl von ca. 145,8 Mil­lio­nen Domain-Namen auf, was einen jähr­li­chen Zuwachs von 1,2 Pro­zent gegen­über 2016 dar­stellt (Wachs­tum von 2015 auf 2016: 7,3%). Denn im Vor­jahr waren ca. 144,1 Mil­lio­nen .com und .net Domains registriert.

Ähn­lich sieht es bei den Län­der-Endun­gen aus: Die Domain-Regis­trie­run­gen unter allen Län­der-Endun­gen (ccTLD) betru­gen rund 144,7 Mil­lio­nen und ein Anstieg von 3,2 Pro­zent im Jah­res­ver­gleich zu 2016 (von 2015 auf 2016 lag das Wachs­tum noch bei 5,2%). Wir erwar­ten, dass sich die­ser Trend auch in 2018 wei­ter fort­setzt, da gera­de unter den neu­en Top-Level-Domains vie­le intui­ti­ve Adres­sen noch frei sind, und nicht teu­er auf dem Sekun­där­markt erwor­ben wer­den müssen.

5.    Missbrauchsfälle überwiegend unter .com, .net, .org und .info

Die Anzahl von Miss­brauchs­fäl­len bei Mar­ken­rech­ten ist laut WIPO nahe­zu unver­än­dert geblie­ben, die 3.036 WIPO-Fäl­le im Jahr 2016 haben sich in 2017 unwe­sent­lich erhöht auf 3.073 Fäl­le. Nach wie vor wer­den in zwei Drit­tel aller Fäl­le .com-Domains ver­wen­det, an zwei­ter Stel­le steht .net gefolgt von .org- Domains und .info-Domains. Wäh­rend in 2016 meh­re­re hun­dert Domains unter neu­en Top-Level-Domains wie bei­spiels­wei­se .xyz miss­bräuch­lich ver­wen­det wur­den, ist die­ser Anteil in 2017 deut­lich gesun­ken, Spit­zen­rei­ter ist in 2017 .store mit 98 Fäl­len. Wir erwar­ten, dass die Anzahl der Kla­gen sta­bil bleibt, und über­wie­gen­de Domain-Miss­brauch wei­ter­hin unter den bestehen­den Top-Level-Domains .com etc. stattfindet.

6.    Konsolidierung in der Branche wird weitergehen

In 2017 fan­den zahl­rei­che Über­nah­men statt, u.a.: Die Über­nah­me von Mark­Mo­ni­tor durch Cla­ri­va­te Ana­ly­tics, das Invest von Ves­pa Capi­tal in Com Lau­de und Vali­de­us, Donuts Über­nah­me von Rights­ide, NCC Group hat Open Regis­try an Key­Drive ver­kauft, GoDad­dy ver­kauf­te das PlusS­erver-Geschäft an BC Part­ners, Key-Sys­tems hat sei­nen Resel­ler Euro­pean Domain Cent­re erwor­ben. Wir erwar­ten, dass sich die­se Dyna­mik in 2018 wei­ter fort­setzt und gehen daher von wei­te­ren Kon­so­li­die­run­gen in die­sem Jahr aus.

7.    ICANN – Zwischen Datenschutz und neuer Bewerbungsrunde

Das Jahr 2017 stand bei ICANN ganz im Zei­chen der bevor­ste­hen­den Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO), die ab Mai 2018 durch­ge­setzt wird. Im Fokus stand dabei die Fra­ge, wie die Ver­trags­par­tei­en von ICANN, Regis­tries und Regis­tra­re, ihren Ver­trag mit ICANN ein­hal­ten kön­nen und gleich­zei­tig die Anfor­de­run­gen der DSGVO umset­zen kön­nen. Als Lösung hat ICANN ein Ver­fah­ren auf­ge­setzt, mit dem Aus­nah­me­ge­neh­mi­gun­gen zum ICANN-Ver­trag bean­tragt wer­den kön­nen, damit der Betrieb von Regis­tries und Regis­tra­re den natio­na­len Geset­zen entsprechen.

Die Richt­li­ni­en-Ent­wick­lung bei ICANN war 2018 zudem geprägt von Debat­ten rund um die Aus­ge­stal­tung der Rah­men­be­din­gun­gen der nächs­ten Bewer­bungs­run­de und ende­te damit, dass eine wei­te­re Arbeits­grup­pe mit Fokus auf geo­gra­phi­sche Namen auf­ge­setzt wur­de. Wir sind akti­ve Mit­glie­der die­ser Debat­ten und erwar­ten, dass bei­de The­men auch 2018 im Fokus von ICANN stehen.

8.    Intensivere globale Auseinandersetzung mit Internet Governance

Bereits in 2017 haben wir auf poli­ti­scher und wirt­schaft­li­cher Ebe­ne mehr Dis­kus­sio­nen rund um die Aus­ge­stal­tung der Inter­net Gover­nan­ce erlebt, in Deutsch­land u.a. mit dem Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz und den Dis­kus­sio­nen rund um die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung. Daher erwar­ten wir, dass nicht zuletzt durch inter­na­tio­na­le Akteu­re die­se The­men auch im Jahr 2018 zu Kon­tro­ver­sen füh­ren wer­den. Die Vor­be­rei­tun­gen Deutsch­land als Gast­ge­ber des glo­ba­le Inter­net Gover­nan­ce Forums im Herbst 2019 in Ber­lin ist eine gute Gele­gen­heit, unser demo­kra­ti­sches und libe­ra­les Ver­ständ­nis von Inter­net Gover­nan­ce in die Gestal­tung des Pro­gramms ein­flie­ßen zu lassen.

9. Multistakeholder-Konzept kommt in der breiteren Internet-Community an

Das Mul­tistake­hol­der-Kon­zept ist zumin­dest in Deutsch­land, in der Poli­tik ange­kom­men und wird genutzt, um Infor­ma­tio­nen aus­zu­tau­schen und Ent­schei­dun­gen infor­mier­ter und bes­ser vor­zu­be­rei­ten. In vie­len ande­ren Län­dern ist das Kon­zept aller­dings noch nicht eta­bliert oder wenn, dann eher als „Lip­pen­be­kennt­nis“ oder als mul­ti­la­te­ra­ler Ansatz mit weni­gen, aus­ge­wähl­ten Inter­es­sen­grup­pen. Sobald kon­kre­te Vor­schlä­ge der Nicht-Regie­rungs­ver­tre­ter auf dem Tisch lie­gen, wird das Mul­tistake­hol­der-Modell dann schnell zuguns­ten einer Top-Down-Ent­schei­dung aufgegeben.

Den­noch erwar­ten wir, dass das Mul­tistake­hol­der-Kon­zept jeden­falls in Euro­pa zuneh­men wird, um in Regie­rungs­gre­mi­en das Wis­sen, die Res­sour­cen und das Enga­ge­ment nicht-statt­li­cher Akteu­re ein­zu­brin­gen und somit Ent­schei­dun­gen auf eine brei­te­re Basis zu stel­len. Nicht zuletzt trägt die welt­wei­te Ver­net­zung der Akteu­re und die dar­aus ent­ste­hen­de Dyna­mik zur Sta­bi­li­tät und Ver­läss­lich­keit des Inter­net-Gover­nan­ce-Öko­sys­tems bei.

10.    Netzneutralität ist in Gefahr

Die Ent­schei­dung der US-Regie­rung im Dezem­ber 2017, die Gleich­be­hand­lung von Daten­strö­men im Inter­net auf­zu­ge­ben, hat eine glo­ba­le Wel­le der Empö­rung nach sich gezo­gen. Das ursprüng­li­che Kon­zept der Netz­neu­tra­li­tät, bei dem das Inter­net einen frei­en und gleich­be­rech­tig­ten Zugang für Jeder­mann bie­tet, ist damit per­du. Die Ent­schei­dung ist ein wei­te­rer Schritt in die Rich­tung , dass allei­ne öko­no­mi­sche Inter­es­sen der Netz­werk­pro­vi­der über den Zugang zum Inter­net und des­sen Nut­zungs­mög­lich­kei­ten ent­schei­det. Zudem besteht die Mög­lich­keit, dass ande­re Län­der nach­zie­hen. Wir hof­fen sehr, dass die Neu­tra­li­tät als Grund­prin­zip des Inter­nets erhal­ten bleibt.