März 2009 – Internetseiten sind unter einem einzigartigen Namen, der so genannten Domain, aufrufbar. Domains gibt es mit unterschiedlichen Endungen, einerseits 280 Länderendungen wie .DE oder .UK und andererseits 21 generischen Endungen wie .COM oder .TRAVEL. Diese Endungen werden auch als Top-Level-Domains bezeichnet.
.MARKE oder .FIRMA werden als Top-Level-Domain ab 2010 möglich
Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die für die zentrale Verwaltung der Top-Level-Domains verantwortlich ist, wird im kommenden Jahr Bewerbungen für neue Top-Level-Domains annehmen. Nach einem mehrjährigen Entwicklungsprozess liegen seit Ende 2008 dafür entwickelte Richtlinien im Entwurf vor. Sie sehen vor, dass erstmals auch Unternehmen ihre Namen und Marken nach dem Muster .MARKE oder .FIRMA als Top-Level-Domain registrieren können. Vorstellbar sind damit Bewerbungen beispielsweise für Endungen wie .BAYER, .ASPIRIN oder .PHARMA.
ICANN will mit der Erweiterung des Namensraumes im Internet den Wettbewerb der beteiligten Marktteilnehmer fördern und im Netz für mehr Auswahl und Vielfalt sorgen. Während eines Zeitraums von 45 Tagen, der laut ICANN voraussichtlich Ende des 4. Quartal 2009 bzw. spätestens im 1. Quartal 2010 sein wird, werden Unternehmen und Organisationen Bewerbungen für eine Top-Level-Domain einreichen können. Diese Möglichkeit steht laut ICANN jeder etablierten Organisation und jedem Unternehmen frei.
Unternehmen sollten eine eigene Strategie finden
Unter strategischen Gesichtspunkten wie Markenschutz, Markenausbau und Sicherheit der Online-Kommunikation sollten sich Unternehmen deshalb mit dem Thema einer eigenen .MARKE oder .FIRMA Top-Level-Domain beschäftigen. Proaktiv können Unternehmen die Einführung einer eigenen Top-Level-Domain betrachten und untersuchen, welche Einsatzmöglichkeiten sich für das eigene Geschäft ableiten lassen. Eher defensiv orientierte Unternehmen warten ab, beobachten aber die weitere Entwicklung. Oder sie beteiligen sich nicht an dem Prozess und legen gegebenenfalls Einsprüche gegen Dritte ein, wenn diese eine Top-Level-Domain beantragen, die einer bestehenden Marke ähnelt oder gar mit dieser identisch ist.
Sicher, global, günstig – die eigene Top-Level-Domain
Unternehmen sollten deshalb jetzt evaluieren, ob sie die Vorteile einer eigenen Top-Level-Domain nutzen möchten. Denn die Chance ist möglicherweise einmalig: Wer zuerst .MARKE oder .FIRMA beantragt, erhält mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zuschlag. Dabei ist dieser einmalige globale Wettbewerbsvorteil vergleichsweise kostengünstig zu erlangen: Nach derzeitiger Planung betragen die Kosten für die Bewerbung bei ICANN 185.000 USD; dazu kommen weitere Kosten für Berater, Technik und Betrieb, so dass man mit etwa 300.000 Euro Gesamtkosten bis zum Start seiner eigenen Top-Level-Domain rechnen sollte.
Die eigene Top-Level-Domain für den digitalen Markenausbau.
Eine eigene Top-Level-Domain dient dem Schutz und Ausbau der Marke und kann damit die Markenstrategie von Unternehmen sinnvoll unterstützen. Sie verhilft der Marke bzw. dem Unternehmen zu einer herausgehobenen globalen Sichtbarkeit, unterstützt das Markenimage und stellt so einen echten Wettbewerbsvorteil dar. Damit ist die eigene Top-Level-Domain ideal für die Digitalisierungsstrategie von Marken geeignet. Zudem hilft sie bei der Vereinheitlichung der globalen Kommunikation für das Unternehmen, Produkte und Services.
Die eigene Top-Level-Domain als Geschäftsmodell.
Neben dem Unternehmensnamen als eigene Top-Level-Domain ist zu überlegen, welche Produktnamen sich für eine Top-Level-Domain eignen. Auch sollte evaluiert werden, ob ein allgemeiner Begriff aus dem Tätigkeitsgebiet des Unternehmens als eigenes Geschäftsmodell in Frage kommt. Folgende Beispiele sollen dies illustrieren:
• .volkswagen /.passat /.auto
• .bitburger / .bit / .bier
• .bayer / aspirin / .pharma
Für Unternehmen mit einem großen Kundenkreis kann eine eigene Top-Level-Domain auch ein lukratives Geschäftsmodell darstellen„indem sie im Rahmen einer Premium-Mitgliedschaft jedem Mitglied eine eigene Domain nach dem Schema www.meinname.community anbieten.
Die eigene Top-Level-Domain fördert einen sicheren Namensraum.
Darüber hinaus lässt sich mit der eigenen Top-Level-Domain ein sicherer Namensraum für das Unternehmen und seine Mitarbeiter und Kunden schaffen. Da sich die Domains unter der Kontrolle des Unternehmens befinden, werden Betrugsversuche mit Domains erschwert und das Spamaufkommen vermindert. Durch die Nutzung neuer Verfahren zur Signierung von Domains (DNSSEC) lassen sich die Sicherheit im Unternehmen und das Vertrauen der Kunden in seine digitalen Dienste weiter erhöhen.
Die eigene Endung verhilft aber auch zu Unabhängigkeit von existierenden Top-Level-Domains. Die leidige Frage nach der Verfügbarkeit von gewünschten Domains für Marketingaktionen, Produkte und Dienstleistungen gehört der Vergangenheit an.
Was ist zu beachten?
Prinzipiell können Bewerbungen für jeden Begriff als Top-Level-Domain abgegeben werden; jede Kombination aus mindestens 3 Buchstaben ist möglich. Es gibt allerdings einige Einschränkungen; so darf eine Buchstabenkombination keine “verwirrende“ Ähnlichkeit mit bestehenden Top-Level-Domains haben (com vs c0m), keine Rechte Dritter verletzen und offenkundige Verstöße gegen grundsätzliche Vorstellungen von Moral und guten Sitten haben ebenfalls keine Chance auf Zulassung. Gewisse Einschränkungen bestehen auch bei der Nutzung von geografischen Namen.
Bewerben können sich nur Unternehmen und Organisationen, die umfangreiche Bewerbungsbedingungen erfüllen müssen. Diese umfassen drei Bereiche: Das sich bewerbende Unternehmen selbst, den Businessplan für den Betrieb der Top-Level-Domain sowie das technische Konzept. Insbesondere Businessplan und technisches Konzept haben für ICANN große Bedeutung, da die Organisation für die Stabilität des Namensraumes im Internet verantwortlich ist und deshalb sicherstellen muss, dass nur auf Langfristigkeit, Seriosität und wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtete Top-Level-Domains dem Namensraum hinzugefügt werden.
Vor einer Bewerbung muss der Bewerber zudem entscheiden, ob die Bewerbung als Community-Top-Level-Domain oder als offene Top-Level-Domain erfolgen soll. Community-Top-Level-Domains beziehen sich auf klar identifizierbare, organisierte und bereits existierende Gemeinschaften, wie beispielsweise Städte oder Unternehmen. Offene Top-Level-Domains, z. B. .shop, .blog, .home, haben demgegenüber keine Registrierungsbeschränkungen. Die Entscheidung ist nicht revidierbar und sollte daher wohlüberlegt getroffen werden.
Am Ende eines erfolgreichen Bewerbungsverfahrens steht der Abschluss eines Vertrages zwischen dem Bewerber und ICANN. Dieser regelt technische und öknomische Parameter für die künftige Zusammenarbeit.
Unternehmen, die die Beantragung einer eigenen Top-Level-Domain erwägen, sollten sich durch ICANN- und Domain-Experten unterstützen lassen, da sich die komplexe ICANN-Organisation und der Bewerbungsprozess Newcomern nicht ohne weiteres erschließt. Dies ist umso wichtiger, als rechtzeitiges Lobbying für spezifische Top-Level-Domain-Konzepte als auch die Vorbereitung der Bewerbung dringend zu empfehlen ist, damit nach Abgabe der Bewerbung keine Überraschungen auftauchen.