Unse­re Pro­gno­sen für das ver­gan­ge­ne Jahr sind weit­ge­hend so ein­ge­tre­ten, wie erwar­tet. Die Bekämp­fung des Miss­brauchs von Domain-Namen stand erneut oben auf der Agen­da vie­ler Markt­teil­neh­mer, eben­so fand eine wei­te­re Kon­so­li­die­rung inner­halb der Bran­che statt.

Die Kri­sen des ver­gan­ge­nen Jah­res haben zwei wesent­li­che Ent­wick­lun­gen aus­ge­löst: Die Ver­la­ge­rung in das Digi­ta­le hat unse­rer Indus­trie trotz eini­ger Insol­ven­zen im Bereich Events, Gas­tro­no­mie, Tou­ris­mus und Han­del Kun­den­zu­wäch­se ver­schafft. Die zuneh­men­de Ver­un­si­che­rung der Märk­te im zwei­ten Halb­jahr führ­te dazu, dass die Regis­trie­rungs­zah­len wie­der auf die Vor-Coro­na-Zei­ten ein­ge­pen­delt haben. Zu unse­ren per­sön­li­chen High­lights gehör­te die glo­ba­le Unter­stüt­zung der ukrai­ni­schen Inter­net-Infra­struk­tur, u. a. im Rah­men von „keep ukrai­ne con­nec­ted“. Trotz der anhal­ten­den Kri­sen wagen wir unse­re Pro­gno­sen für das Jahr 2023 und einen Blick in die Zukunft.

1. Prognose: Bekämpfung von DNS-Missbrauch

Der Miss­brauch von Domains für kri­mi­nel­le Akti­vi­tä­ten ist wei­ter­hin eines der wich­tigs­ten The­men unse­rer Indus­trie. Wie wir die­sen redu­zie­ren kön­nen, steht bei Regis­tries und Regis­tra­re seit lan­gem hoch oben auf der Prio­ri­tä­ten­lis­te. Vie­le set­zen sich aktiv für die Bekämp­fung von DNS-Miss­brauch ein. Sie neh­men ihre Ver­ant­wor­tung wahr, umfas­sen­de Maß­nah­men gegen Miss­brauch umzu­set­zen und die­se an Stake­hol­der zu kom­mu­ni­zie­ren. Neben ver­pflich­ten­den Auf­la­gen der ICANN sind auch ers­te Akti­vi­tä­ten sicht­bar. Dazu gehö­ren frei­wil­li­ge Selbst­ver­pflich­tun­gen ein­zel­ner Regis­tries, mit denen Regis­tries ihre Akti­vi­tä­ten trans­pa­rent machen. Bei­spiels­wei­se ver­öf­fent­li­chen .ber­lin und .ham­burg jähr­lich Trans­pa­renz­be­rich­te, aber auch das DNS-Abu­se Insti­tu­te und wei­te­re Bran­chen-Initia­ti­ven gehö­ren dazu. Wie im ver­gan­ge­nen Jahr erwar­ten wir auch für 2023, dass ICANN sei­ne Mis­si­on im Blick behält und Debat­ten zu inhalt­li­chem Miss­brauch an ent­spre­chen­de Stel­len verweist.

2. Prognose: Marken und Unternehmen nutzen ihre eigene dotBrand in der Kommunikation

Die Nut­zung der eige­nen Top-Level-Domain von Mar­ken und Unter­neh­men hat sich im Jahr 2022 ver­ste­tigt. Ins­be­son­de­re für die Kom­mu­ni­ka­ti­on der Unter­neh­mens­wer­te und der Nut­zugn für die Talent­an­spra­che ist die eige­ne dot­Brand per­fekt geeig­net. Her­aus­ra­gen­de Bei­spie­le sind laut unse­rer aktu­el­len Stu­die “Digi­ta­le Unter­neh­mens­mar­ken 2022” neben den Unter­neh­mens­mar­ken .bnppa­ri­bas, .abbott, .seat und .goog­le auch die deut­sche dot­Brand .audi. Wir erwar­ten, dass die­se dot­Brand-Bei­spie­le auch in die­sem Jahr wei­te­re Mar­ken dazu ver­an­las­sen wer­den, selbst mit eige­nen Kam­pa­gnen, Web­pro­jek­ten und neu­en Landing Pages auf sich auf­merk­sam zu machen.

3. Prognose: Externe Einflussfaktoren auf Domain-Branche nehmen zu

Die Infla­ti­on, Ener­gie­kri­se und der rus­si­sche Angriffs­krieg in der Ukrai­ne wer­den unse­re Bran­che in die­sem Jahr wei­ter­hin beein­flus­sen. Neue EU-Regu­lie­run­gen wie NIS2, DMA und DSA wer­den sich wahr­schein­lich auf Geschäfts­mo­del­le und ‑pro­zes­se aus­wir­ken, und Vor­schrif­ten zur Bericht­erstat­tung über Nach­hal­tig­keit in Abhän­gig­keit von Unter­neh­mens­grö­ße und Umsatz kom­men hinzu.

4. Prognose: Blockchain-Domains & ICANN – eine neue Liebe?

Wir sind gespannt, wie die „Block­chain, Web3 & Meta” unse­re Bran­che, Ange­bo­te und den Markt­an­satz beein­flus­sen wer­den. Denn klar ist, dass die­se Tech­no­lo­gien das Poten­ti­al haben, unse­re Bran­che zu beein­flus­sen. Immer­hin hat ICANN den Aus­tausch mit Block­chain-Anbie­tern – wie bei­spiels­wei­se wäh­rend ICANN73 – gesucht. Denn wei­ter­hin wird mit der Block­chain-Tech­no­lo­gie mehr Sicher­heit, Aus­wahl und Appli­ka­tio­nen für Domains ver­spro­chen. Anbie­ter wie ENS, Unstoppable Domains und Hand­shake-Domains bie­ten Domain-Regis­trie­run­gen unter zahl­rei­chen bTLDs wie .cryp­to, .eth und .saas. Die Domains sind zwar nur über Brow­ser-Plug­ins oder ande­re Wege auf­lös­bar, was der Popu­la­ri­tät aber kei­nen Abbruch tut. Wir gehen davon aus, dass es wei­ter einen Aus­tausch zwi­schen ICANN und den neu­en Anbie­tern gibt, auch wenn die Hal­tung gegen­über den neu­en Anbie­tern bis­her sehr zurück­hal­tend war und ICANN warn­te: „nicht DNS-kom­pa­ti­blen Domains Hand­shake-Domains könn­ten die Nut­zer in die Irre führen“.

5. Prognose: Konsolidierung in der Branche wird weitergehen

Wir gehen davon aus, dass es zu wei­te­ren Kon­so­li­die­run­gen unter Regis­tries und Regis­tra­ren und damit Ver­schie­bun­gen der Markt­macht kom­men wird. Aber nicht nur eine hori­zon­ta­le, son­dern auch ver­ti­ka­le Kon­so­li­die­rung ent­lang der gesam­ten Wert­schöp­fungs­ket­te ist zu erwar­ten. Span­nend wird sicher­lich auch der bevor­ste­hen­de Bör­sen­gang von IONOS.

6. Prognose: Prozess für neue Bewerbungsrunde macht Fortschritte

Der Abschluß der im Jahr 2021 begon­ne­nen ODA-Pha­se ende­te mit einer Über­ra­schung für alle betei­lig­ten: Statt der erhoff­ten Beschleu­ni­gung von Pro­zes­sen und Ver­schlan­kung lie­gen nun zwei Alter­na­ti­ven auf dem Tisch. Im bes­ten Fall könn­te dem­nach die nächs­te Bewer­bungs­run­de in ca. 18 Mona­ten begin­nen, im schlech­te­ren Fall erst in fünf Jah­ren. Aus Sicht des ICANN-Boards sind die offe­nen The­men wei­ter­hin die Public Inte­rest Com­mit­ments (PICs), Clo­sed Gene­rics und Com­mu­ni­ty-Bewer­bun­gen. Wir wer­den also in jedem Fall Fort­schrit­te sehen, frag­lich bleibt, in wel­chem Umfang. Die aktu­el­le ICANN-CEO Sal­ly Cos­ter­ton signa­li­sier­te immer­hin Ver­ständ­nis für die Frus­tra­ti­on der Community.

7. Geopolitik & Internetregulierung

Bedenk­lich waren die zuneh­men­den For­de­run­gen, Län­der oder Top-Level-Domains vom Inter­net abzu­schnei­den. Die Gefahr, dass sich ein­zel­ne Gemein­schaf­ten aus dem glo­ba­len Inter­net abkop­peln, sehe wir daher als rea­les Sze­na­rio. Auf Orga­ni­sa­ti­ons­ebe­ne wie ICANN oder ISOC soll­te daher jede Anstren­gung unter­nom­men wer­den, jede Ent­wick­lung hin zu einem Splin­ter­net ver­hin­dert zu werden.

Die zuneh­men­de Regu­lie­rungs­fre­quenz auf EU-Ebe­ne wie NIS2, DAS, DMA und KI, die in guter Absicht initi­iert wur­den, wer­den nicht unbe­dingt zu bes­se­ren Kun­de­n­er­fah­run­gen füh­ren, son­dern unse­rer Bran­che einen wei­te­ren Regu­lie­rungs­rah­men auf­er­le­gen. Hier ist die gesam­te Bran­che gefor­dert, „gut gemeint“ durch „gut gemacht“ anhand kon­kre­ter Dia­lo­ge und Aus­tausch­for­ma­te zu fördern.

8. Nachhaltigkeit @ DNS-Industrie

Nach­hal­tig­keit geht uns alle an, ins­be­son­de­re in einer Indus­trie, die zu einem erheb­li­chen Maße zu dem glo­ba­len CO2-Aus­stoß bei­trägt. Ers­te Schrit­te sind immer­hin gemach, durch indi­vi­du­el­le Initia­ti­ven von Regis­tries wie .ber­lin, .ham­burg und .eco. Auch Bran­chen­in­itia­ti­ven wie die des eco zu nach­hal­ti­gen digi­ta­len Pro­duk­ten und Dienst­leis­tun­gen hilft, Auf­merk­sam­keit für das The­ma zu gewin­nen. Als einer der Vor­rei­ter in Sache nach­hal­ti­gen Wirt­schaf­tens in der DNS-Indus­trie freu­en wir uns, unser Wis­sen mit ande­ren Markt­teil­neh­mern zu tei­len, und so zu einer nach­hal­ti­ge­ren Zukunft unse­rer Indus­trie beizutragen.