Das ICANN-Meeting im US-amerikanischen Washington vom 11.–15. Juni 2023 erneut als hybrides Meeting statt. Das so genannte ICANN Policy Forum wurde von gut 1.100 Teilnehmern persönlich besucht, weitere 630 Personen nahmen remote teil. Im Fokus der Debatten der Teilnehmenden bei ICANN77 in Washington standen die Dauerbrenner-Themen Abuse, WHOIS und die Einführung neuer Top-Level-Domains.
Einführung neuer Top-Level-Domains
Das bestimmende Thema des Meetings war eindeutig die Einführung neuer Top-Level-Domains. Die ICANN-Community hat vielversprechende Schritte unternommen, um die Fristen des Arbeitsplans für die Einführung neuer gTLDs einzuhalten. Während des ICANN77 Meetings fanden umfangreiche Diskussionen statt, unter anderem über Closed Generics und Public Interest. Bis August 2023 hat sich die ICANN-Organisation verpflichtet, einen Zeitplan zu erstellen, wann das nächste Bewerbungsfenster geöffnet wird. Dieser Zeitplan soll vom ICANN-Vorstand auf der nächsten ICANN-Sitzung, ICANN78, die im Oktober 2023 in Hamburg stattfindet, genehmigt werden.
Umgang mit Domain-Missbrauch
Während der ICANN77-Sitzung in Washington DC haben die Diskussionen über DNS-Missbrauch einige wichtige Hürden genommen. Wie auf der CPH-Tagung in Los Angeles angeregt, haben die “Contracted Parties” eine Vertragsänderung mit ICANN initiiert. Es wird erwartet, dass die Verhandlungen über diese Änderungen bis September abgeschlossen werden und die Abstimmung durch Registries und Registrare im vierten Quartal stattfinden wird. Die Umsetzung sollte Ende des ersten Quartals 2024 erfolgen.
Neues Whois-Auskunftssystem in Entwicklung
Um die Bedenken hinsichtlich der Zugänglichkeit nicht öffentlicher WHOIS-Informationen auszuräumen und die Notwendigkeit eines standardisierten Zugangs- und Offenlegungssystems (auch SSAD genannt) zu prüfen, das bisher als mit erheblichen Kosten für die ICANN verbunden galt, wird ICANN im November ein Pilotprojekt mit der Bezeichnung „Registration Data Request Service” (RDRS) starten, bei dem es sich praktisch um einen Mini-SSAD handelt. Der RDRS ist als Test gedacht, um den Nutzen und die Notwendigkeit eines komplizierteren SSAD zu bewerten. Er soll Daten über das Volumen der Anfragen für den Zugang zu Registrierungsdaten sammeln, indem er den Prozess der Aufnahme und Verteilung von Anfragen verwaltet. Das RDRS wird maximal zwei Jahre lang laufen und monatliche Berichte veröffentlichen, insbesondere über die Nutzungsraten und andere Messgrößen wie die Anzahl der Anfragen und die Anzahl der Genehmigungen/Ablehnungen. Registries können sich ab September anschließen, und Antragsteller können ab November 2023 Zugangsanträge stellen.
Das nächste Meeting der ICANN findet vom 20.–25. Oktober in Hamburg statt. Eine Anmeldung ist hier möglich.