Statt wie ursprüng­lich für Den Haag vom 14. bis 17. Juni 2021 geplant, fand das 71. ICANN-Mee­ting erneut rein vir­tu­ell statt. Die Dis­kus­sio­nen rund um DNS-Abu­se, Poli­cy-Ent­wick­lun­gen und die Zukunft der ICANN-Tref­fen konn­ten daher erneut nicht per­sön­lich, son­dern aus den Home-Offices der rund 1330 Teil­neh­mer geführt wer­den. Als klei­nes Goo­die konn­ten sich Teil­neh­mer ein vir­tu­el­les „Bit­te nicht stören“-Schild her­un­ter­la­den und – in Anleh­nung an die geplan­te Loca­ti­on in den Nie­der­lan­den – eine Anlei­tung für Papier-Tul­pen im Origamistyle.

Diskussionen um DNS-Abuse

Die Ses­si­on zwi­schen Regis­tries und Regis­tra­ren zum The­ma DNS-Abu­se war sehr gut besucht. Den­noch wur­den nicht ganz so vie­le Fra­gen gestellt wie erhofft, aber es gab vie­le Fra­gen online. Offen­bar wur­den vie­le kon­kre­te Infor­ma­tio­nen von Regis­tries und Regis­tra­ren gelie­fert. Die Dis­kus­si­on fand kon­struk­tiv und enga­giert statt und die Prä­sen­ta­ti­on wur­de gemein­hin als einen guten ers­ten Schritt von Regis­tries und Regis­tra­ren betrachtet

Die vor­han­de­ne Defi­ni­ti­on von DNS-Miss­brauch wur­de erneut vor­ge­stellt, eben­so, wel­che begrenz­ten Maß­nah­men es gibt, die ergrif­fen wer­den kön­nen. Denn vie­le Daten deu­ten dar­auf hin, dass der Miss­brauch zunimmt, aber vie­les davon liegt nicht in der Ver­ant­wor­tung von ICANN.  Im nächs­ten Schritt sol­len daher die Rol­len und Ver­ant­wort­lich­kei­ten der ver­schie­de­nen Par­tei­en, die neben ICANN sich um DNS-Miss­brauch küm­mern, ein­be­zo­gen werden.

Da das The­ma DNS-Abu­se für vie­le Mit­glie­der der ICANN-Com­mu­ni­ty sehr wich­tig ist, wur­de auch dis­ku­tiert, ob ein Poli­cy­pro­zess ziel­füh­rend ist. 

Policy-Debatten um WHOIS

Seit Inkraft­tre­ten der DSGVO sind Inhaber­da­ten von Domains nicht mehr öffent­lich ein­seh­bar. Die sei­ner­zeit auf­ge­setz­ten Arbeits­grup­pen erar­bei­ten seit­dem Richt­li­ni­en und eine tech­ni­sche Lösung, wie berech­tig­te Par­tei­en auto­ma­ti­siert Zugriff auf Inhaber­da­ten von Domains erhal­ten könn­ten. Eine Lösung wur­de aller­dings wäh­rend des ICANN-Mee­tings nicht verabschiedet.

Die aktu­ell strit­ti­ge Fra­ge ist, wie man zwi­schen einer Pri­vat­per­son und einem Unter­neh­men unter­schei­den kann. Wäre eine Unter­schei­dung mög­lich, könn­ten Inhaber­da­ten von Domains zu Unter­neh­men künf­tig wie­der ver­öf­fent­licht wer­den, und Daten von Pri­vat­per­so­nen aus­ge­blen­det blei­ben. Dazu müss­ten Regis­tra­re erhe­ben, ob es sich bei dem Domain-Kun­den um eine Pri­vat­per­son oder ein Unter­neh­men han­delt. Eben­so ist offen, wie mit Ein­zel­un­ter­neh­men umge­gan­gen wer­den müss­te. Die Debat­te wird also fort­ge­setzt, und sicher­lich auch wie­der wich­ti­ges The­ma beim nächs­ten ICANN-Mee­ting sein.

Debatte um künftige Formate der ICANN-Konferenzen: Vor Ort, virtuell oder hybrid?

Auf dem ICANN-Mee­ting wur­de vor dem Hin­ter­grund des Impf­fort­schritts in eini­gen Län­dern welt­weit dar­über debat­tiert, wie künf­tig ICANN-Kon­fe­ren­zen statt­fin­den. Ob es ein „Zurück“ zu den über 3.000 Teil­neh­mern gro­ßen Tref­fen geben soll, es bei den rein vir­tu­el­len Kon­fe­ren­zen bleibt oder eine hybri­de Mischung aus bei­den For­ma­ten. Geplant ist das nächs­te ICANN-Mee­ting für Okto­ber 2021 im US-ame­ri­ka­ni­schen Seattle.

Es ist klar, dass vie­le Teil­neh­mer zurück­keh­ren möch­ten zu rea­len Tref­fen. Aber es gibt auch vie­le Beden­ken bezüg­lich Rei­se­mo­da­li­tä­ten und Teil­nah­me an so gro­ßen Ver­an­stal­tun­gen. Wür­den alle Teil­neh­mer täg­lich getes­tet, gel­ten Abstands- und Hygie­ne­re­geln und wie geht ICANN mit Coro­na-Fäl­len um? Inwie­fern der US-Zoll Teil­neh­mer aus mehr als 140 Staa­ten ein­rei­sen lässt, ist noch völ­lig offen. Allein die Mit­ar­bei­ter von ICANN rei­sen aus 34 Län­dern an. Eben­so ist unklar, wie sich die Epi­de­mie in vier Mona­ten ent­wi­ckelt haben wird, ob es bei­spiels­wei­se neue Vari­an­ten gibt, die Rei­sen wie­der stär­ker ein­schrän­ken werden.

Zudem stellt sich die Fra­ge, inwie­fern ein vor Ort Tref­fen sozi­al wäre. Denn immer­hin steht ICANN für welt­weit Teil­ha­be. Da der­zeit vie­le Men­schen noch gar nicht geimpft wer­den kön­nen, Ist die Fra­ge, ob ein Vor-Ort-Tref­fen das Ver­ant­wor­tungs­volls­te ist, was man tun kann. Fän­de ein Tref­fen hybrid statt, hät­te die ICANN-Orga­ni­sa­ti­on dop­pel­ten Auf­wand. Denn jeder, der nicht vor Ort ist, soll­te einen gleich­be­rech­tig­te­ren Zugang zu den Sit­zun­gen haben. In der Ver­gan­gen­heit gab es zwar immer auch vir­tu­el­le Teil­nah­me­mög­lich­kei­ten, aber nicht in die­ser Grö­ßen­ord­nung, wie es bei einem hybri­den Mee­ting erfor­der­lich wäre. Gege­be­nen­falls müss­te das Pro­gramm ange­passt, und Tage in ver­schie­de­ne Arten von Sit­zun­gen auf­ge­teilt werden.

Es bleibt also span­nend, wie sich das ICANN-Direk­to­ri­um ent­schei­den wird.

Das nächs­te ICANN-Mee­ting fin­det aber auf jeden Fall statt, und zwar vom 23. bis 28. Okto­ber 2021. Mehr Infor­ma­tio­nen und spä­ter auch zur Loca­ti­on fin­det sich unter https://meetings.icann.org/en/calendar.