Unsere Prognosen für das vergangene Jahr sind weitgehend so eingetreten, wie erwartet. Die Bekämpfung des Missbrauchs von Domain-Namen stand erneut oben auf der Agenda vieler Marktteilnehmer, ebenso wie die bevorstehende Implementierung der NIS2-Richtlinie bei Registries und Registraren. Inwiefern sie allerdings zu dem gewünschten Effekt – einer sichereren Kommunikation – beitragen kann, bleibt abzuwarten. Denn wesentliche Teile des globalen Internets fallen nicht unter die NIS2-Regelungen, wie beispielsweise alle sozialen Plattformen.
Die Arbeitsgruppe zur Einführung neuer TLDs hat fristgerecht ihre Ergebnisse geliefert, womit das Bewerbungsfenster für gTLDs im Jahr 2026 wahrscheinlicher wird.
Angesichts der fortdauernden Krisen ist es auch in diesem Jahr schwierig, Prognosen für das Jahr 2025 zu wagen – wir tun es dennoch:
1. Geopolitik & Internet Governance spielen größere Rolle
Angesichts der weltweiten Spannungen bleibt essenziell, ein Internet zu bewahren und all diejenigen, die nicht Teil zu sind, zu integrieren. Daher sollte die globale Internetcommunity alles daransetzen, Länder in jedweder Form dabei zu unterstützen, teil des einen globalen Internets zu werden und zu bleiben. Sowohl indirekt durch Organisationen wie ICANN, IGF und ISOC, oder direkt auf der politischen Ebene. Denn mindestens ebenso wichtig wie das Engagement der technischen Community ist ein klares politisches Signal zur Zusammenarbeit und Unterstützung.
Eine erste gute Gelegenheit, Aktivitäten zu diskutieren, zu beschließen und diese mit globaler Signalwirkung zu kommunizieren, wird das diesjährige Internet Governance Forum (IGF) im Juni in Oslo bieten. Auch der WSIS+20-Reviewprozess im Juli in Genf wird hierfür eine gute Gelegenheit bieten. Denn in diesem Jahr sind 20 Jahre seit den Anfängen des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS) vergangen, und Anlass, die allgemeine Umsetzung der Ergebnisse des WSIS zu überprüfen.
2. Drohende Machtkonzentration durch Regulierung
In den vergangenen Jahren haben wir eine zunehmende Regulierungsfrequenz auf EU-Ebene durch beispielsweise NIS‑2, DSA, DMA und AI-ACT erlebt. Sie sollen Verbraucherinnen und Verbraucher vor den Gefahren im Internet schützen. Leider führen Regulierungen nicht unbedingt zu den gewünschten Verbesserungen aus Sicht der Nutzer:innen, sondern legen vorwiegend der DNS-Industrie weitere Regeln auf. Hier ist die gesamte Branche zusammen mit der Politik gefordert, im Dialog und Austauschformaten gewünschte Ziele sinnvoll umzusetzen. Denn ansonsten droht, dass Regulierungen negative Effekte auf die Anbietervielfalt haben und zu einer weiteren Konzentration, vorwiegend US-amerikanischer Plattformen und Unternehmen, führen wird.
3. Blockchain- & ICANN-TLDs wachsen zusammen
Das Thema bleibt weiterhin auf der Agenda der DNS-Industrie, denn erste Erfolge zeigen, wie beide Welten miteinander verschmelzen können. Erste TLD-Betreiber beschäftigen sich mit der Frage, ob sie ihre e TLD auch auf Basis der Blockchain-Technologie anbieten. Zudem bringen sich die Blockchain-Anbieter in Stellung, um im kommenden Jahr 2026 sich für eine Web2-TLD zu bewerben.
4. gTLD-Bewerbungsrunde wird konkret
Mit dem Start des Applicant Support-Programms und der freiwilligen Vorabzertifizierung als Registry Backend Provider sind erste wichtige Schritte initiiert, um Bewerbungen für neue TLDs entgegenzunehmen. Wir erwarten, dass das SubPro-Implementation Review Team (SubPro IRT), in dem wir aktiv mitgearbeitet haben, fristgerecht seine Arbeit im ersten Halbjahr 2025 abschließt. Das neue Bewerberhandbuch als Ergebnis dieses Prozesses regelt die Rahmenbedingungen, unter denen ab voraussichtlich April 2026 Bewerbungen um eine gTLD bei ICANN eingereicht werden können.
5. Bekämpfung von DNS-Missbrauch bleibt wichtige Aufgabe
Der Missbrauch von Domains für kriminelle Aktivitäten ist weiterhin ein wichtiges Thema unserer Industrie, auch wenn es nur sehr wenige Akteure in relevantem Maßstab betrifft. Viele Stakeholder nehmen ihre Verantwortung war, und setzen umfassende Maßnahmen gegen Missbrauch um. Dazu tragen auch die freiwilligen Verpflichtungen der Registries und Registrare in den Verträgen mit ICANN bei, die individuell durch weitergehende Selbstverpflichtungen ergänzt werden.
6. Nachhaltigkeit in der DNS-Industrie – auf dem Weg zur Selbstverpflichtung?
Wir sind als Industrie Antworten auf die Frage schuldig, wie wir zu einer nachhaltigeren Zukunft unserer Industrie beitragen können. Denn dass die DNS-Industrie, und im weiteren Sinne die Internetwirtschaft in erheblichem Maße zu dem globalen CO2-Ausstoß beiträgt, ist unbestritten. Wir haben bei ICANN, und auch in der DNS-Industrie als solches, erste Schritte Richtung Capacity Building zum Thema Nachhaltigkeit gestaltet. Wenngleich die Fortschritte klein sind, werden wir weiter mit gutem Beispiel vorangehen, und auch in diesem Jahr den Prozess aktiv gestalten, u.a. durch Workshops und Know-how-Transfer. Ziel ist es aus unserer Sicht, mit wirksamen Maßnahmen einen Beitrag zu leisten, dazu kann auch beispielsweise eine Selbstverpflichtung der DNS-Industrie gehören.