Unse­re Pro­gno­sen für die DNS-Indus­trie im Jahr 2021 begin­nen mit einem Rück­blick auf das Jahr 2020 und unse­re letzt­jäh­ri­gen Pro­gno­sen. Trotz der Pan­de­mie sind sie weit­ge­hend so ein­ge­tre­ten, wie erwar­tet. Der Pau­ken­schlag Anfang des Jah­res 2020 war sicher­lich die geschei­ter­te Über­nah­me der .org-Inter­neten­dung durch Ethos Capi­tal. Statt­des­sen fand am Jah­res­en­de zwi­schen donuts und Afi­li­as eine der größ­ten Über­nah­men unse­rer Indus­trie statt.

Fazit ist, dass die Pan­de­mie unse­rer Indus­trie noch mehr Home­of­fice und damit kei­nen per­sön­li­chen Aus­tausch, dafür aber einen signi­fi­kan­ten Kun­den­zu­wachs ver­schafft. Für uns war beson­ders bedau­er­lich, dass in dem Zuge das ICANN-Mee­ting in Ham­burg ver­scho­ben wer­den muss­te. Wir hof­fen daher, dass wir die glo­ba­le ICANN-Com­mu­ni­ty in Deutsch­land bald will­kom­men hei­ßen dürfen.

Zeit, nach einem beson­de­ren Jahr 2020 unse­re Pro­gno­sen für das Jahr 2021 auf­zu­stel­len und einen Blick in die Zukunft zu werfen.

1. Prognose: Aktive Bekämpfung von DNS-Missbrauch

Die meis­ten Regis­tries und Regis­tra­re set­zen sich aktiv für die Bekämp­fung von DNS-Miss­brauch ein, und neh­men ihre Rol­le wahr, umfas­sen­de Maß­nah­men gegen Miss­brauch umzu­set­zen. Das beinhal­tet auch eine bes­se­re Kom­mu­ni­ka­ti­on der Maß­nah­men an ihre Stake­hol­der. Neben ver­pflich­ten­den Auf­la­gen der ICANN und unse­rer eigens dafür ent­wi­ckel­ten Lösung, den frei­wil­li­gen Selbst­ver­pflich­tun­gen ein­zel­ner Regis­tries sind auch ers­te Akti­vi­tä­ten sicht­bar, mit denen Regis­tries ihre Akti­vi­tä­ten trans­pa­rent machen. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se .ber­lin und .ham­burg mit ihren jähr­lich erschei­nen­den Trans­pa­renz­be­rich­ten. Wir erwar­ten, dass ICANN sich auf sei­ne rein tech­ni­sche Mis­si­on fokus­siert und Debat­ten zu inhalt­li­chem Miss­brauch an ent­spre­chen­de Stel­len verweist.

2. Prognose: Marken und Unternehmen nutzen aktiv ihre eigene .marke-Endung

Die Nut­zung der eige­nen Top-Level-Domain von Mar­ken und Unter­neh­men ist im Jahr 2020 wei­ter gestie­gen. Gera­de in der Pan­de­mie haben vie­le die Chan­ce genutzt, ihre Coro­na-Akti­vi­tä­ten unter den pas­sen­den Domains zu kom­mu­ni­zie­ren wie bei­spiels­wei­se www.coronavirus.google und www.coronavirus.abbott. Laut unse­rer Stu­die “Digi­ta­le Unter­neh­mens­mar­ken 2020” ist .audi erneut die erfolg­reichs­te Unter­neh­mens-TLD, gefolgt von .abbott und .leclerc. Wir erwar­ten, dass die­se Bei­spie­le auch in die­sem Jahr wei­te­re Mar­ken dazu ver­an­las­sen wer­den, selbst mit eige­nen Kam­pa­gnen, Web­pro­jek­ten und neu­en Landing­pa­ges auf sich auf­merk­sam zu machen.

3. Prognose: Registrierungen unter den neuen Top-Level-Domains steigen weiter an

Laut www.ntldstats.com sind im Jahr 2020 die Anzahl regis­trier­ter Domains unter den neu­en Top-Level-Domains um gut 400.000 Domains auf 31,964 Mio. gestie­gen. Die Regis­trie­run­gen erge­ben sich aus den 1.176 neu­en Top-Level-Domains, von denen zum Jah­res­en­de 2020 die TLDs .icu, .top, .xyz, .site und .online zu den TOP 5 gehör­ten. Wir erwar­ten für 2021, dass sich der Auf­wärts­trend wei­ter fort­setzt, da gera­de unter den neu­en Top-Level-Domains vie­le gute Namen ver­füg­bar sind. Beliebt sind wei­ter neben den geo­gra­fi­schen ins­be­son­de­re spre­chen­de Top-Level-Domains wie .club, .shop und .app sind. Seit Launch im Sep­tem­ber 2020 hat sich die Top-Level-Domain .gay auf über 7.000 regis­trier­te Domains gut entwickelt.

4. Prognose: Die DSGVO gerät unter Druck

Eines der wich­tigs­ten The­men unse­rer Indus­trie wird die fort­ge­setz­te Debat­te um einen bes­se­ren Schutz von Inter­net­nut­zern und Domain-Inha­bern gemäß der DSGVO unter gleich­zei­ti­ger Berück­sich­ti­gung der Inter­es­sen der Mar­ken­in­ha­ber sein. Denn Inter­net­nut­zer und Domain-Inha­ber erle­ben häu­fig DNS-Atta­cken wie Phis­hing, Bot­net­ze und Mal­wa­re, wäh­rend Mar­ken­in­ha­ber seit Inkraft­tre­ten der DSGVO deut­lich weni­ger Hand­lungs­op­tio­nen gegen miss­bräuch­li­che Domain-Regis­trie­run­gen haben.

5. Prognose: Konsolidierung in der Branche wird weitergehen

Die Bran­che hat sich auch im Jahr 2020 wei­ter kon­so­li­diert, sowohl was die Betrei­ber von Top-Level-Domains als auch ihre Ver­triebs­part­ner betrifft. Auch wenn die geschei­ter­te Über­nah­me von .org durch Ethos Capi­tal sicher­lich über­ra­schend war, ist die Über­nah­me von Afi­li­as durch donuts sicher­lich das her­aus­ra­gends­te Ereig­nis des Jah­res. Wir erwar­ten, dass sich die­se Dyna­mik auch 2021 wei­ter fort­setzt und gehen von wei­te­ren Kon­so­li­die­run­gen aus.

6. Prognose: ICANN-Board gibt grünes Licht für neue Bewerbungsrunde

Die Ent­wick­lung der Rah­men­be­din­gun­gen für die nächs­te Bewer­bungs­run­de hat wei­ter gro­ße Fort­schrit­te gemacht. Wir haben uns von Anfang als Arbeits­grup­pen­mit­glied aktiv in die Debat­te ein­ge­bracht, unse­re Arbeit fand mit dem fina­len Report im Janu­ar 2021 sei­nen Abschluss. Wir erwar­ten daher, dass der fina­le Report in die­sem Jahr von der GNSO und dem ICANN-Board grü­nes Licht erhält und damit der Auf­trag für die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der nächs­ten Bewer­bungs­run­de initi­iert wird.

7. Prognose: Globale Debatte um Internet Governance behält Bedeutung

Nach­dem Deutsch­land Gast­ge­ber des glo­ba­len Inter­net Gover­nan­ce Forums im Herbst 2019 in Ber­lin war, erwar­ten wir nach online geführ­ten Debat­ten und einem hybri­den IGF‑D eine wei­ter­ge­hen­de Beschäf­ti­gung mit dem The­ma Inter­net Gover­nan­ce. Die Grün­dung diver­ser Initia­ti­ven und media­le Auf­merk­sam­keit zeigt das Inter­es­se an dem The­ma, u.a. auch bei der Inter­net Socie­ty Deutsch­land e.V..

8. Prognose: ICANN thematisiert Public Interest und seine Mission

Wie ICANN bei sei­nen Ent­schei­dun­gen das öffent­li­che Inter­es­se berück­sich­tigt, ist nicht nur auf Board-Ebe­ne, son­dern auch inner­halb der ICANN-Com­mu­ni­ty zuneh­mend in das Bewusst­sein gerückt. Mit dem vom Board aus­ge­ar­bei­te­ten Vor­schlag wur­de ein ers­ter Schritt getan, wei­te­re Akti­vi­tä­ten müs­sen in die­sem Jahr fol­gen, auch nach der mas­si­ven Kri­tik zur Rol­le von ICANN zum Ver­kauf der .org-Endung. Daher wer­den aus der Com­mu­ni­ty For­de­run­gen lau­ter, dass sich ICANN erneut auf ihre Mis­si­on kon­zen­triert, „den sta­bi­len und siche­ren Betrieb der ein­zig­ar­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rungs­sys­te­me des Inter­nets sicher­zu­stel­len“. Das ICANN-Board wird sich damit aus­ein­an­der­set­zen müs­sen, um wei­ter die rele­van­te Instanz für die glo­ba­le Inter­net­ver­wal­tung zu bleiben.

Wir freu­en uns dar­auf, an die­ser Stel­le im kom­men­den Jahr unse­re Pro­gno­sen für das Jahr 2021 Revue pas­sie­ren zu las­sen.