Unsere Prognosen für die DNS-Industrie für das Jahr 2019 sind weitgehend so eingetreten, wie erwartet. Eines der wichtigsten Themen unserer Industrie war sicherlich die intensiv geführte Debatte um einen besseren Schutz von Internetnutzern, Domain-Inhabern und Markeninhabern unter gleichzeitiger Berücksichtigung der DSGVO. Denn Internetnutzer und Domain-Inhaber erleben häufig DNS-Attacken wie Phishing, Botnetze und Malware, Markeninhaber haben seit Inkrafttreten der DSGVO weniger Handlungsoptionen gegen missbräuchliche Domain-Registrierungen.
Zum Jahresende hat die Übernahme der .org-Internetendung durch Ethos Capital hohe Wellen geschlagen, auch jenseits unserer Industrie. Zeit, nach einem turbulenten Jahr 2019 unsere Prognosen für das Jahr 2020 aufzustellen und einen Blick auf dieses Jahr und seine Perspektiven zu werfen.
1. Prognose: Datenschutzdebatte wird fortgesetzt, Datenschutz und ‑sicherheit gewinnen an Bedeutung
Viele Registries und Registrare fühlen sich für die Bekämpfung von DNS-Missbrauch verantwortlich und ergreifen umfassende Maßnahmen gegen Missbrauch. Die Branche hat begonnen, ihre Aktivitäten besser zu kommunizieren. Dennoch muss die gesamte Branche ihre Kommunikationsanstrengungen zum DNS-Missbrauch verstärken, um zu zeigen, dass sie Missbrauch ernst nimmt. Weitere Debatten sind wahrscheinlich, inclusive der Forderungen, dass Registrare und Registrare sich auch um Missbrauch wie Markenpiraterie kümmern sollten. Wir prognostizieren, dass ICANN analog zu seiner Mission diese Forderungen allerdings zurückweist.
2. Prognose: Mehr Marken und Unternehmen nutzen ihre .marke aktiv
Die Nutzung der eigenen Top-Level-Domain, die identisch ist mit Unternehmensnamen, Marken oder Produkten, ist in 2019 weiter gestiegen. Auch wenn nicht alle knapp 700 Unternehmen weltweit ihre .marke-Endungen für Marketing- und Kommunikationszwecke nutzen, wurden im Jahr 2019 eine Reihe bekannter .marke-Top-Level-Domains aktiv genutzt. Vorreiter laut unserer Studie “Digitale Unternehmensmarken 2019” ist .audi, gefolgt von .bnpparibas und .abbott.
Wir erwarten, dass diese Beispiele auch in diesem Jahr weitere Marken dazu veranlassen werden, selbst mit eigenen Kampagnen, Webprojekten und neuen Landing Pages auf sich aufmerksam zu machen.
3. Prognose: Registrierungen unter den neuen Top-Level-Domains steigen
Laut www.ntldstats.com sind im Jahr 2019 die Registrierungen unter allen neuen Top-Level-Domains um knapp fünf Millionen auf einen Jahresendstand von 31,5 Millionen Domains gestiegen. Die Registrierungen ergeben sich aus den 1.189 neuen Top-Level-Domains, von denen zum Jahresende 2019 die TLDs .icu, .top, .xyz, .site und .online zu den TOP 5 gehörten. Wir erwarten für 2020, dass sich der Aufwärtstrend weiter fortsetzt und neben den geografischen insbesondere sprechende Top-Level-Domains wie .club, .shop und .app beliebt sind. Mit Spannung ist die Markteinführung der lange umkämpften Top-Level-Domain .gay zu erwarten.
4. Prognose: Wachstum der Länder-Endungen weiter auf niedrigem Niveau bis hin zur Stagnation
Der Verisign Domain Name Industry Brief vom dritten Quartal 2019 macht deutlich, dass der gesamte Markt weiter wächst – in 2019 um 17,4 Millionen Domains (bzw. 5,1%) auf 359,8 Millionen Domains. So weisen zwar .com und .net ein stabiles Wachstum von gut fünf Millionen Domains von 2018 auf 2019 (insgesamt auf 157,4 Mio.) auf, was einen jährlichen Zuwachs von knapp vier Prozent gegenüber 2017 darstellt.
Wir erwarten, dass sich die Trends auch in diesem Jahr weiter fortsetzen, da unter den neuen Top-Level-Domains viele intuitive und attraktive Adressen noch frei sind.
5. Prognose: Konsolidierung in der Branche wird weitergehen
Die Branche hat sich auch im Jahr 2019 weiter konsolidiert, sowohl was die Betreiber von Top-Level-Domains als auch ihre Vertriebspartner betrifft. Auch wenn die Übernahme von .org durch Ethos Capital sicherlich das herausragendste Ereingis des Jahres war, zählen auch die Übernahmen von Hexonet und iwantmyname durch Centralnic zu den wichtigen Ereignissen in 2019. Wir erwarten, dass sich diese Dynamik auch 2020 weiter fortsetzt und gehen von weiteren Konsolidierungen aus.
6. Prognose: ICANN gibt grünes Licht für neue Bewerbungsrunde
Die Entwicklung der Rahmenbedingungen für die nächste Bewerbungsrunde hat weiter große Fortschritte gemacht. Wir erwarten daher, dass die finalen Berichte im laufenden Jahr mindestens von der GNSO grünes Licht erhalten, eventuell auch schon von den ICANN-Direktoren und damit den Auftrag für die konkrete Ausgestaltung der nächsten Bewerbungsrunde initiieren werden.
7. Prognose: Globale Debatte um Internet Governance behält Bedeutung
Nachdem Deutschland Gastgeber des globalen Internet Governance Forums im Herbst 2019 in Berlin war, erwarten wir eine weitergehende Beschäftigung mit dem Thema Internet Governance. Die Gründung diverser Initiativen und mediale Aufmerksamkeit zeigt das Interesse an dem Thema.
8. Prognose: ICANN thematisiert Public Interest und seine Mission
Das Thema, wie ICANN bei seinen Entscheidungen das öffentliche Interesse berücksichtigen wird – nicht nur auf Board-Ebene, sondern auch innerhalb der ICANN-Community – wird eine Herausforderung sein. Mit dem vom Board ausgearbeiteten Vorschlag wurde ein erster Schritt getan, weitere Aktivitäten müssen in diesem Jahr folgen, gerade im Hinblick auf die Kritik zur Rolle von ICANN bei der Übertragung der .org-Endung.
Forderungen der Community, das sich ICANN erneut auf ihre Mission konzentriert, „den stabilen und sicheren Betrieb der einzigartigen Identifizierungssysteme des Internets sicherzustellen“, werden lauter. Das ICANN-Board wird sich damit auseinandersetzen müssen, um weiter die relevante Instanz für die globale Internetverwaltung zu bleiben.
Fazit zu unseren Prognosen für das Jahr 2020
Unseren Jahresausblick schließen wir mit einem ganz persönlicher Wunsch: Wir freuen uns darauf, im Herbst 2020 als Betreiber der geoTLD .hamburg das 69. ICANN-Meeting in Hamburg begrüßen zu dürfen.
Wir freuen uns darauf, an dieser Stelle im kommenden Jahr unsere Prognosen für das Jahr 2020 Revue passieren zu lassen.